Die verantwortliche Person / Qualified Person / PRRC der MDR

Die MDR und IVDR sorgen für viele Veränderungen in der Medizintechnik. Der Fokus der beiden Verordnungen ist klar: Patientensicherheit! Daraus resultieren die bisher bereits in der Branche umfangreich diskutierten Einflüsse auf die technische Dokumentation, Anpassungen am Qualitätsmanagementsystem und die damit einhergehenden teils enormen Arbeitsaufwände.

Doch haben Sie sich schon damit auseinandergesetzt, welchen Einfluss die Verordnungen auf diverse Verantwortlichkeiten haben?

Wirtschaftsakteure, also Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure, Händler und Hersteller von Systemen sowie Behandlungseinheiten haben nun einen klaren Rahmen, der die Verantwortlichkeiten festlegt. Dies gilt übrigens auch für Gesundheitseinrichtungen, die Produkte selbst herstellen und verwenden.

Ein Aspekt dieser klar geregelten Verantwortlichkeiten ist die Person nach Artikel 15 - Auch bezeichnet als die Person Responsible For Regulatory Compliance (PRRC); oder auch Qualified Person.

Jeder Hersteller braucht so eine Person. Je nach Größe der Organisation entweder intern oder auch extern. Doch wichtig ist, dass Organisationen dauerhaft und ständig auf eine solche Person zugreifen können.


Warum ist eine PRRC notwendig?

Die Medizintechnik ist ein reguliertes Umfeld. Um sich darin sicher und konform der Anforderungen bewegen zu können, ist eine gewisse Expertise notwendig. Da es viele Unternehmen gibt, in denen diese spezifische Expertise fehlt, sind Unternehmen teilweise nicht dazu in der Lage, den besonderen Anforderungen der Medizintechnik gerecht zu werden.

Die Qualifikation und Kompetenz von eingesetztem Personal sind wichtige Säulen dafür, ein funktionierendes Unternehmen und sichere Produkte zu ermöglichen. Diese Anforderungen sind in der Branche bereits aus Normen wie der ISO 13485 bekannt. Die Europäische Kommission hat nun auf Ebene der EU-Verordnungen in diesem Sinne nachgebessert und einige wichtige Aufgaben und notwendige Qualifikationen in der Rolle des PRRC zusammengefasst.

Aus Deutschland kannte man bereits den Sicherheitsbeauftragten, der im Rahmen der Meldung von Vorkommnissen relevant ist.


Welche Aufgaben hat die PRRC?

  • Verantwortung dafür, dass die Konformität der Produkte in angemessener Weise gemäß dem Qualitätsmanagementsystem geprüft wird, bevor ein Produkt freigegeben wird.
  • Verantwortung dafür, dass die technische Dokumentation und die EU-Konformitätserklärung erstellt und auf dem neuesten Stand gehalten werden.
  • Verantwortung dafür, dass die Verpflichtungen zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen erfüllt werden.
  • Verantwortung dafür, dass die Berichtspflichten eingehalten werden.
  • Verantwortunf dafür, dass die Bescheinigung nach Anhang XV Kapitel II Abschnitt 4.1 der MDR bei Prüfprodukten abgegeben wird.

Eine Übersicht von Möglichkeiten zur Umsetzung und Fristen ist in der folgenden Grafik dargestellt. Klicken Sie auf diese zur Vergrößerung.

Möglichkeiten zur Umsetzung der Aufgaben der PRRC sowie entsprechende Fristen

Wofür haftet die PRRC?

Weder die MDR noch die IVDR enthalten Regelungen zur persönlichen Haftung der PRRC. Auch enthalten sie keine Straf- oder Bußgeldvorschrift gegen die PRRC. Die Leitlinie der MDCG 2019-7 (Guidance on Article 15 of the Medical Device Regulation (MDR) and in vitro Diagnostic Device Regulation (IVDR) regarding a "person responsible for regulatory compliance" (PRRC)) enthalten ebenfalls keine weiteren Aufschlüsse zur Haftung der PRRC.

Gleiches gilt für das deutsche Medizinproduktedurchführungsgesetz (MPDG), welches ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der MDR gilt. Auch dies enthält keine persönlichen Haftungs-, Straf- oder Ordnungswidrigkeitstatbestände der PRRC.

Das MPDG regelt allerdings in § 94 Abs. 3 Nr. 5 und 6 MPDG Ordnungswidrigkeitstatbestände zum Nachteil des Herstellers (und des Bevollmächtigten), die mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 € geahndet werden können, für die Fälle, dass nicht sicherstellt wird,

  • dass eine PRRC in ihrer Organisation vorhanden ist,
  • die das erforderliche Fachwissen besitzt und
  • dieses Fachwissen auch nachgewiesen hat
  • bzw. dass dauerhaft und ständig auf eine PRRC zurückgegriffen werden kann.

Im Folgenden möchten wir im groben die zivilrechtliche Haftung der PRRC darstellen. Nicht beurteilt wird hierbei eine etwaige strafrechtliche Haftung der PRRC.


Fall 1: PRRC ist fest angestellt

Grundsätzlich müssen Hersteller über mindestens eine PRRC in ihrer Organisation verfügen. Das bedeutet, die PRRC muss ein (fest angestellter) Mitarbeiter des Herstellers sein. Bei diesen internen PRRC handelt es sich somit um Arbeitnehmer des Herstellers.

Arbeitnehmer – und damit die interne PRRC - können sowohl für Schäden, die innerhalb des Betriebes als auch im Außenverhältnis entsenden, persönlich haften.

Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung lassen allerdings eine Haftungsbeschränkung im Innenverhältnis zu (sog. Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers oder auch innerbetrieblicher Schadensausgleich). Dies hängt davon ab, welche Verschuldungsart der angestellten PRRC vorgeworfen werden kann und dass der Schaden in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit verursacht worden ist.

Grob gesagt bedeutet dies, dass die PRRC in Fällen einfacher Fahrlässigkeit in der Regel nicht persönlich haftet. Vielmehr muss dann der Arbeitgeber den Schaden tragen. Bei grober Fahrlässigkeit kann der Hersteller seinen Mitarbeiter in Regress nehmen, hier sind aber Haftungserleichterungen möglich. Bei Vorsatz muss die PRRC für den Schaden vollständig einstehen.

Im Außenverhältnis (gegenüber betriebsfremden Dritten) haftet der Arbeitnehmer, also die PRRC; allerdings weiterhin selbst.

Im Übrigen ist hier wesentlich, was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. So kann eine Haftungsbeschränkung oder eine Freistellungsvereinbarung im Arbeitsvertrag mit der PRRC aufgenommen werden. Zu empfehlen ist überdies der Abschluss einer Versicherung des Arbeitnehmers. In der Regel ist dies leichte und mittlere Fahrlässigkeit versicherbar.


Fall 2: PRRC ist externer Dienstleister

Auf eine externe PRRC dürfen ausschließlich Hersteller zurückgreifen, die als Kleinst- oder Kleinunternehmen einzustufen sind. Sie sind nicht verpflichtet, eine interne PRRC in ihrer Organisation zur Verfügung zu haben. Darunter fallen Unternehmen, die weniger als 50 Personen beschäftigen und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. € nicht übersteigt (vgl. Empfehlung 2003/361/ΕG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen). Gleiches gilt für Bevollmächtigte, auch sie können eine externe PRRC beauftragen.

Diese Ausnahmen gelten unter der Bedingung, dass der PRRC die Qualifikationskriterien erfüllt und dem Unternehmen ständig und dauerhaft zur Verfügung steht und diese Anforderungen vertraglich festgelegt sind.

Hinsichtlich der Haftung der externen PRRC gilt grundsätzlich, dass primär für Schäden derjenige vollständig einzustehen hat, welcher diesen verursacht hat. Der entstandene Schaden muss dabei auf einem Verschulden (einem vorwerfbaren Fehler) der PRRC beruhen und dieses Verschulden muss für den Schaden auch kausal sein. Mit anderen Worten: Es muss ein Schaden entstanden sein, der durch ein Fehlverhalten der PRRC verursacht wurde, das der PRRC vorgeworfen werden kann. Die Grundsätze der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers. bzw. ein arbeitsrechtlicher innerbetrieblicher Schadensausgleich greifen hier nicht.

Wesentlich ist, was die Parteien in dem zugrundeliegenden Vertrag regeln. Hier können wirksame Haftungsbeschränkungen und Freistellungsvereinbarungen für die PRRC vereinbart werden. Daneben ist der Abschluss einer Versicherung für die externe PRRC dringend zu empfehlen.

Wenn Sie sich für unseren PRRC Service interessieren, finden Sie hier weitere Informationen oder kontaktieren Sie uns gerne direkt.


Fall 3: PRRC auf 450€ Basis

Da die Organisationen ständig und dauerhaft auf die PRRC zurückgreifen können muss, ist bereits fragwürdig, ob eine PRRC im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses auf 450€-Basis den gesetzlichen Anforderungen überhaupt gerecht werden kann.

Weder die MDR/IVDR noch die Leitlinie MDCG 2019-7 liefern Einzelheiten oder Erklärungen zur Forderung, dass ein ausgelagerter PRRC ständig und dauerhaft zur Verfügung stehen muss oder wie dies sichergestellt werden kann. Daher wird empfohlen, dass Hersteller und Bevollmächtigte diese Anforderung konservativ auslegen, und dass ihr externer PRRC rund um die Uhr erreichbar ist und eine offizielle Vertretung bei Abwesenheiten hat. Die vertragliche Vereinbarung mit dem PRRC sollte Details zur ständigen und dauerhaften Verfügbarkeit festgelegten, sowie die Qualifikation der betreffenden Person beinhalten.

Hinsichtlich der Haftung gelten die Ausführungen in Bezug auf Fall 1 gleichermaßen, auch im Rahmen eines Minijobs.


Zusammenfassung

Die PRRC trägt die Verantwortung dafür, dass unterschiedlichste Aufgaben ausgeführt werden, muss diese aber nicht unbedingt selbst erledigen. Um der Verantwortung gerecht zu werden, muss diese neue Rolle in den relevanten Prozessen eines Qualitätsmanagementsystems implementiert werden.

Die Haftung bei im Unternehmen angestellten verantwortlichen Personen ist über den innerbetrieblichen Schadensausgleich beschränkt. Es ist möglich, Versicherungen für die Tätigkeit des PRRC hinsichtlich leichter und mittlerer Fahrlässigkeit abzuschließen. Ein Haftungsausschluss im Arbeitsvertrag kann den Arbeitnehmer absichern.

Für externe Anbieter, die die Aufgaben aus Artikel 15 der MDR übernehmen, sollten geeignete vertragliche Reglungen getroffen werden. Eine Versicherung auch hinsichtlich Fahrlässigkeit sollten Dienstleister ohnehin abschließen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Aufgaben des PRRC ab 26.05.2021 zu erfüllen sind, denn ab diesem Tag gilt die MDR und es sind keine Übergangsbestimmungen bzw. Regelungen für späteren Geltungsbeginn für Artikel 15 genannt.