Grundlagen - IVDs in der Medizintechnik

Lukas Losigkeit

Lukas Losigkeit

CEO & Principal Consultant

Was sind IVDs?

In-vitro-Diagnostika (IVDs) sind eine Untergruppe der Medizinprodukte.

In-vitro bedeutet, dass die Diagnostik auf Grundlage organischer Vorgänge außerhalb des lebenden Organismus stattfindet.

Der Begriff „in-vivo“ bezeichnet im Umkehrschluss, dass etwas innerhalb des lebenden Organismus stattfindet.

IVDs sind per Definition für die In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben vorgesehen. Sie liefern Informationen über die folgenden Punkte:

  • physiologische oder pathologische Prozesse oder Zustände,
  • kongenitale (angeborene) körperliche oder geistige Beeinträchtigungen,
  • die Prädisposition für einen bestimmten gesundheitlichen Zustand oder eine bestimmte Krankheit,
  • Feststellung der Unbedenklichkeit und Verträglichkeit bei den potenziellen Empfängern,
  • die voraussichtliche Wirkung einer Behandlung oder die voraussichtlichen Reaktionen darauf oder
  • Festlegung oder Überwachung therapeutischer Maßnahmen.

Probenbehältnisse gelten übrigens auch als In-vitro-Diagnostika.

Das bekannteste Beispiel eines IVDs ist vermutlich ein Schwangerschaftstest aus der Apotheke. Darüber hinaus gibt es aber eine große Anzahl anderer Produkte, die eher unbekannt, aber dennoch wichtig sind: Viele IVDs bestehen aus unterschiedlichen Reagenzien, die im Labor beispielsweise für das Nachweisen eines bestimmten Erregers verwendet werden. Diese Reagenzien dienen dazu, die DNA oder RNA des Erregers nachzuweisen. Viele Tests auf COVID-19 basieren auf dieser Technologie.

In-vitro-Diagnostika in der Medizintechnik

Welche Rolle spielen IVDs in der Medizintechnik?

Das Analysieren von Proben aus dem menschlichen Körper wird in der Diagnostik sehr häufig angewendet, um verschiedenste Krankheiten nachzuweisen. Auf diesem Weg ist es auch möglich, eine medikamentöse Behandlung zu überwachen oder im Vorfeld festzustellen, ob diese geeignet sein kann.

In der pränatalen Diagnostik können Proben schon vom Embryo analysiert werden.

Beispiel: Im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation können mittels eines schwachen Lasers (Medizinprodukt, kein IVD) Teile eines Embryos in-vitro entfernt und mittels In-vitro-Diagnostik analysiert werden. So können verschiedene Krankheiten oder Gendefekte festgestellt werden. Die abgetrennten Zellen schaden dem Embryo dabei übrigens nicht. Dieser ist in diesem Stadium erst wenige Tage alt und die abgetrennten Zellen werden beim Heranwachsen ersetzt.

Im Rahmen der COVID-19 Pandemie rückte die IVD-Branche stark in den Fokus der Medien und öffentlichen Aufmerksamkeit. Plötzlich wurde allen klar, welch wichtigen Bestandteil IVDs in der Medizintechnik und an der Gesundheitsversorgung haben. Was diese Zeit auch gezeigt hat, ist die große Anpassungsfähigkeit und Geschwindigkeit dieser Branche. Die ersten COVID-19-Tests waren in kürzester Zeit verfügbar. Diese Fähigkeit der schnellen Adaption ist ein wichtiges Merkmal in diesem Bereich. Denn Viren und Bakterien verändern sich ständig. Darauf muss ein IVD-Hersteller schnell reagieren können, damit auch die mutierten Erreger zuverlässig nachweisbar sind.


Warum ist der Bereich so unbekannt?

Als Patient hat man in der Regel keinen Kontakt zu IVDs. Man selbst oder ein Arzt nimmt eine Probe, diese wird dann im Labor mittels eines IVDs analysiert. Beim Patienten kommt dann nur das Ergebnis an – aber wie es im Labor dazu kam, weiß man in der Regel gar nicht.

Zusätzlich sind IVDs häufig etwas abstrakter, schwieriger vorstellbar. Wie ein Röntgengerät aussieht, wissen die meisten. Man sieht das Gerät zumindest in Teilen während der Anwendung.

Aber irgendwelche Reagenzien, die verschiedene Prozesse in Verbindung mit einer Blutprobe ablaufen lassen, um erst die DNA oder RNA zu isolieren und diese dann nachzuweisen – das ist schon schwieriger vorstellbar. Und wie gesagt, als Patient bekommt man davon gar nichts mit. Der Arzt nennt einem nur das Ergebnis.

Ein weiterer Punkt für die relative Unbekanntheit von IVDs ist, dass es mit diesen Produkten wenig Vorfälle oder Skandale gibt. IVDs haben in der Regel keinen direkten Patientenkontakt und haben dadurch ein wesentlich geringeres Risiko diesen zu schaden, als es bei üblichen Medizinprodukte der Fall ist.


Wie wird sich die Branche in Zukunft entwickeln?

Die Branche wächst sehr schnell und nimmt einen immer größeren Stellenwert in der Diagnostik ein. Neue Technologien im Bereich der Genuntersuchung bieten nie da gewesene Möglichkeiten. Insbesondere der Übergang von der Labordiagnostik zur Diagnostik beim Patienten Zuhause wird unser Leben enorm verändern. Es gibt bereits immer mehr IVDs zur Heimanwendung. Meist werden eher verschiedene Vitaminspiegel und Hormone gemessen – Das ist noch keine Revolution.

Aber stellen Sie sich folgendes Szenario vor:

Die Telemedizin in Deutschland etabliert sich nach und nach. Sie müssen also nicht wegen jeder Kleinigkeit persönlich beim Arzt vorstellig werden. Eines Tages haben Sie ein kleines Gerät Zuhause, in das Sie einen Tropfen Blut geben und dieser wird dann analysiert. Das Ergebnis liegt dem Arzt vor und berät Sie per Videoanruf. Das hört sich nach Science-Fiction an? Aber solche Möglichkeiten bietet die In-vitro-Diagnostik in Verbindung mit der Telemedizin zukünftig. Das wird unser Leben und die Möglichkeit für verschiedene Vorsorgeuntersuchungen drastisch verbessern.

Trotz dieser Möglichkeiten steht die Branche auch vor Problemen. Sicherlich haben Sie schon mitbekommen, dass die neue EU Verordnung MDR großes Chaos in die Medizintechnik bringt. Die Auswirkungen der IVDR sind um ein Vielfaches größer und die Awareness bezüglich dieses Einflusses ist im Vergleich zur MDR viel geringer. Warum das so ist und wie es weiter geht, erfahren Sie in unserem nächsten Beitrag zum Thema In-vitro-Diagnostika.